Problembär

Hat jedes Kind dieselben Voraussetzungen, in Deutschland eine gute Bildung zu erhalten?

 

Er spricht laut: „Nichts gegen Dich, aber ich möchte, dass meine Kinder auf eine Schule gehen, auf die nicht so viele ausländische Kinder gehen. Ich meine, damit sie richtig Deutsch lernen und auch gefördert werden. Wir möchten auch schnellstmöglichst vom Essener Norden in den Süden ziehen“. Ich antworte: „Ich verstehe nur zu gut, was Du meinst. Aber findest Du nicht, dass irgendwas an dem Schulsystem selbst falsch läuft? Genauer gesagt, jedes Kind hat hierzulande gleichermaßen Anspruch auf gute Bildung, egal ob ohne oder mit Migrationshintergrund. Es besteht in Deutschland ja auch Schulpflicht, mit vielen Unterstützungsangeboten für alle Schüler. Wie kann man also behaupten, dass das eigene Kind keine gute Bildung erhalten würde, falls der Ausländeranteil der Schule sehr hoch wäre? Denkst Du vielleicht, es wäre besser, wenn deutsche Schulen „ethnisch rein“ bzw. *biodeutsch blieben?

Er antwortet: „Finde ich schon!“ Ich antworte darauf nicht mehr und frage mich gleichzeitig, was einen solchen Menschen (den Problembären in unserem Beispiel) dazu gebracht hat, so zu denken? Welche Erfahrungen, Ängste oder Vorurteile (eigene oder die von anderer Menschen) mögen seinen Standpunkt derart unflexibel gemacht haben?

Die Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund der Stadt Essen und im Ruhrgebiet ist in den letzten Jahren in der Tat enorm gestiegen, siehe dazu https://www.waz.de/staedte/essen/jede-fuenfte-essener-grundschule-mit-ueber-75-prozent-migranten-id213443225.html oder https://www.metropoleruhr.de/regionalverband-ruhr/regionalstatistik/bevoelkerung/nationalitaeten.html.

Wie können die Stadt Essen und andere Städte im Ruhrgebiet mit ihren bestehenden Bildungseinrichtungen und Institutionen diesen Zustrom von neuen Schülern bewältigen? Viele Lehrer sind während ihres Studiums auf so eine Situation überhaupt nicht vorbereitet worden. Interkulturelle Konstrukte im Zusammenhang mit Unterricht haben sie oft weder gelernt noch haben sie sie vernünftig üben können. Geschweige denn, den Umgang mit Menschen, die wenig Deutsch sprechen und anders sozialisiert wurden. Auch ist es mittlerweile so, dass das Bildungsniveau im Essener Süden als besser erachtet wird als im Norden von Essen. Die sozial Schwachen und die sogenannten Ausländer zieht es in den Essener Norden, sehr oft aufgrund von günstigeren Mietpreisen. Oder die Ausländer werden in den Essener Norden abgedrängt, weil es woanders leider noch viele Biodeutsche gibt, die keine Ausländer als Nachbarn akzeptieren. Wobei viele Angehörige der Mittelschicht sowie Besserverdienende ohnehin schon im Essener Süden ansässig sind. Meiner Meinung nach müsste man das Bildungsniveau also stadtübergreifend verbessern. Dies könnte „Enklaven“ bzw. Segregation von ethnischen Gruppen in Parallelgesellschaften verhindern. Die Eltern müssten trotz Sprachbarriere in den regelmäßigen Austausch mit der Schule einbezogen werden, Verständigungsprobleme kann man irgendwie lösen, sofern beide Seiten das wollen. Und dass das nötig ist, daran besteht ja kein Zweifel, schließlich geht es hier nicht bloß um irgendein parteipolitisches Projekt, sondern um das Schicksal und die Zukunft unserer Kinder. Das Lehrpersonal und andere Fachkräfte müssten also in Hinsicht auf interkulturelle Beziehungen besser geschult werden. Wichtig ist, sich auch als Elternteil darauf einzulassen, dass es den „interkulturellen Sturm“ in Deutschland gibt, der auch die Bildungslandschaft durcheinander wirbelt…

Noomi

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