Zeitzeugen contra Fake News

„Zeitzeugen contra Fake News“bearbeiten

geschrieben von Dietmar Doering

Geschichte den eigenen Vorstellungen anpassen kann nicht nur die indiskutable „Schlussstrich-Fraktion“, die die Geschichte machenden Massaker und Völkermorde einfach nicht mehr erwähnt haben und ihre „Ruhe“ haben will. Beispiele: Kambodscha (Intellektuelle), Ruanda (Tutsi, Hutu), Deutschland (Juden, „Sinti und Roma“, Schwarze), die USA (Amerikanische Ureinwohner, Schwarze), die Türkei (Kurden, Armenier), Myanmar (Rohinga), Bosnien. Deutschland hat mit der zwölfjährigen Zeit der nationalsozialistischen Diktatur sein eigenes Kreuz zu tragen.

So langsam sterben jedoch die Zeitzeugen weg, die uns noch aus eigener Erfahrung berichten können, wie das damals mit der Verfolgung und den Konzentrationslagern und der fabrikmäßig aufgezogenen Vernichtung von Menschen war. Sollte es dereinst soweit sein, dass zukünftig weder Opfer noch Täter dieser Zeit noch unter den Lebenden weilen, gibt es zwar überall massenweise Originaldokumente und echte Hinterlassenschaften, die das Andenken wahren. Doch was, wenn sich Sklaverei- und Holocaustleugner nicht mehr nur auf das Abstreiten oder das Verharmlosen beschränken? Wenn Archive und Datenbanken “gesäubert” werden? Ein Thriller- und Science Fiction-Szenario („1984“, „Schöne neue Welt“, „Fahrenheit 451“)? Nein. Denn: Der Sieger schreibt die Geschichte. Nach einer gewissen Zeit interessiert es viele Menschen nicht mehr, ob Fakten auch mit handfesten Beweisen belegt werden können. Vor allem, wenn man sie bewusst davon ablenkt. Selbst Zeitzeugen unterliegen bei bestem Wissen und Gewissen immer dem Einfluss ihren persönlichen Sichtweisen, Ideologien, religiösen Überzeugungen, Traumata oder Irrtümern.

Wie groß ist die Gefahr dann erst, wenn man mittels der modernen Technologien und Techniken Einfluss auf die Geschichtsschreibung nimmt, ob nun naiv-bedenkenlos oder bewusst-bösartig? Welche Erkenntnisse unserer Historiker und Archäologen gehen schon auf historische Fake News und auf Propaganda zurück? Wer von den heute Lebenden kann davon schon etwas aus eigener Anschauung beweisen? Der Feldzug des ägyptischen Pharaos Ramses II gegen die Hethiter etwa wurde als großer Sieg verewigt, endete jedoch fast in einer Katastrophe, die Ramses und seine geschlagenen Truppen knapp überlebten. Somit stelle ich mir die Frage, ob wir mit dem unreflektierten Sturz von Denkmälern und Umbenennungen von Dingen nicht eigentlich selbst die Drecksarbeit und Verantwortung der Revisionisten und Leugner übernehmen? Beseitigen wir unreflektiert die Zeitzeugnisse, die aus einer ganz anderen Epoche mit völlig anderen ethischen und moralischen Grundlagen als heute stammen, sind diese Teile der Geschichte dann doch irgendwann einmal historisch „gar nicht geschehen“, oder?

Das wäre eine super Steilvorlage für Geschichtsrevisionisten und Lügner: Keine lebenden Zeitzeugen der Sklaverei mehr (oder deren direkte Nachfahren), keine Denkmäler oder Plantagen von Sklavenhaltern mehr, umgeschriebene Geschichtswerke – was kann den Rechten besseres geschehen als echte Fake Facts, weil gewisse Dinge „nie passierten“? Keine Beweise mehr und auch keine lebenden Zeitzeugen, die Medien quellen über von Lügen und Halbwahrheiten aus anonymen Quellen, Beweise wurden verfälscht, verzerrt oder existieren überhaupt nicht mehr, die „ breite Masse“ ist verwirrt, weiß nicht mehr, wem sie glauben soll, sie resigniert, radikalisiert sich. Wir sind nicht mehr darauf angewiesen, dass einmal im Monat ein Bote ins Dorf kommt, der uns das Neueste aus der großen weiten Welt mitteilt. Ein geringer Bildungsgrad, mediale Ablenkung, ein Ozean von fabrizierten Fake News und Bot-Kommentatoren, sie drohen uns heute zu verschlingen. Ohne entsprechende Kenntnisse, die man auch anzuwenden versteht, wird man dieser Menge an zweifelhaften Infos hilflos ausgeliefert sein. Was tut nur so, als ob es wahr wäre? Was ist nur missverständlich formuliert?

Als Konsens stelle ich mir persönlich vor, dass die Statuen und sonstige in Ungnade gefallenen Dinge eventuell unzerstört mit entsprechenden kritischen Erläuterungen versehen in Museen oder historischen Forschungsinstituten untergebracht werden könnten. Die medial gehypte Cancel Culture in jakobinischer Unrast dagegen hat jedoch schon jahrtausendelang Menschen aufs sprichwörtliche Schafott gebracht, aber niemals hat sie geschehene Geschichte, Traumata und Gewissensbisse ungeschehen gemacht. Sie nützt nur den Geschichtsfälschern, die am Ende behaupten könnten: „Wo bleiben die Beweise? Ihr habt keine.“ Afrikaner und Amerikanische Ureinwohner , ihre Geschichte darf aber nicht als „Fake Facts“ enden. Ich möchte nicht, dass die Wahrheit enthauptet wird und der dann nutzlose Torso, unsere tatsächlich gelebte Geschichte, auf dem ideologischen Müllhaufen eben dieser landet…