Global Adventures Inc.

Eine  Science Fiction-Kurzgeschichte

Die Splitter der Wirklichkeit

“Wollen Sie mal ‘ne richtig gute Verschwörungstheorie lesen? Na, dann schlagen Sie doch einfach Ihre Tageszeitung auf.” ((US-Präsident Jesse Ventura bei seiner Vereidigung 2016))

“Überall im Land kommt es zu sogenannten Tea Parties. Auf diesen werden wirkliche oder auch nur vermutete Mitglieder der ultrakonservativen Tea Party-Bewegung von Vermummten gezwungen, bis zum Exitus heißen Tee zu sich zu nehmen. Und das Beste daran: Sie dürfen sich die Geschmacksrichtung sogar selbst aussuchen…

Die Hintermänner dieses bizarren Rituales sind bisher unbekannt. Unserem Sender liegen mehrere anonyme Videos vor. Die Regierung weist jede Mitverantwortung daran von sich. Bisher ist es ihr bei der Ahndung dieser Taten jedoch trotzdem noch nicht gelungen, mehr als nur Achtungserfolge zu erzielen. Ich bin Mincy Clark für FNN.”

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UN-Truppen kämpfen an vielen Krisenherden dieser Welt. Neu daran ist, das sie nun endlich unterschiedslos gegen alle bewaffneten – und ich meine wirklich alle! – Kombattanten vorgehen, ohne Ansehen der Ethnie, Hautfarbe, Religion, Nationalität, Ideologie, der Finanzkraft oder der Parteizugehörigkeit. Auch die militärische Stärke und technische Ausrüstung des Gegners spielt keine besondere Rolle mehr. Uno-Generalsekretär Thomas Sankara hat seit seiner Berufung jegliche Bevorzugung strikt verboten und Parteilichkeit in Konflikten per Dekret zum Schwerverbrechen erklärt.“

“Von nun an gilt der unwiderrufliche Generalbefehl Schwerter zu Pflugscharen!” meinte er auf seiner ersten Ansprache während der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York. “Wer dagegen verstößt, wird innerhalb der Organisation zukünftig verdammt wenig Spaß haben, das garantiere ich! Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, wer sich unter diesen Umständen von nun an für den Dienst bei der Uno entscheidet, ist aber sehr viel tapferer und patriotischer, als wenn er sich wie John Rambo mit massig Adrenalin im Blut in den nächsten Kampf stürzt. Ich wünsche mir für uns alle eine Menschheit, die mit geschultem Geist, neugierig und offenen Armen anstatt mit gefüllten Magazinen und durch geladenen Waffen ins Universum aufbricht,“ fügte er hinzu.

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Die Aktionen der Kritiker der Regierung Ventura kommentierte Bronco Herbst, Senator von Wyoming, mit der selbstironischen Bemerkung: “Ich hab’ schon Pferde kotzen sehen.”

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“Seit der ehemalige Gouverneur von Minnesota, Jesse Ventura (er hatte dieses Amt von 1999 – 2003 inne), im Jahre 2016 zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde, hat sich die weltpolitische Lage, auch in Bezug auf soziale und sonstige Konfliktstoffe, ohne Zweifel erheblich beruhigt. Wer jetzt noch auf militärische Abenteuer aus ist, überlegt sich das inzwischen zweimal. Denn die Vereinten Nationen haben unter ihrem neuen afrikanischen Generalsekretär, der den Namen seines Idols Thomas Sankara angenommen hat, endlich wieder die Rolle eingenommen, die ihnen eigentlich bei ihrer Gründung bestimmt war. Das Schlagwort von der Entstehung der Neuen Weltordnung, bisher ein von der Bevölkerungsmehrheit eher nicht ganz ernst genommener Alptraum unzähliger Verschwörungstheoretiker, hat seine Bedeutung gewandelt: Und zwar hin zum Wohle der gesamten Spezies und des Planeten anstelle lediglich dem einer zahlenmäßig überschaubaren Macht- und Geldelite mit zutiefst unmenschlichen Plänen.”

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“Thomas Sankara ist ähnlich jung wie sein ermordeter Namensgeber. Er übernahm dessen Namen aus Respekt vor der Persönlichkeit des damaligen Soldaten-Staatspräsidenten der westafrikanischen Nation Obervolta, des heutigen Burkina Fasos. Ursprünglich selbst durch einen Militärputsch in seinem Heimatland an die Macht gekommen, machte sich der reale Thomas Sankara damals durch seine eher linksgerichteten Ansichten viele Feinde und musste für seinen Versuch, eine Herrschaft mit menschlichem Antlitz zu etablieren, mit seinem Leben bezahlen. Der junge Staatslenker ist jedoch noch heute unvergessen und in vielen Herzen zuhause. Unser heutiger Sankara wurde von dessen Politik und seinem Mut zutiefst geprägt. Mit seinen eindringlichen Worten im Big Apple erntete Sankara viel Applaus. Hoffen wir, dass sein Appell etwas bewirkt. Winnie Nguenge, Fox News.”

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“Präsident Jesse Ventura, der amerikanische Kongress sowie die Mitglieder des Senats entschuldigten sich im Namen der meisten Mitglieder des amerikanischen Volkes in einer globalen Liveübertragung in aller Form für die Auslösung und Führung des sogenannten Krieges gegen den Terror. Sie übernahmen damit die Verantwortung für die Verbrechen ihrer Vorgängerregierungen seit dem Inside Job vom 11. September 2001 in New York. Zudem wurden allen Opfern sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen möglichst rasche und angemessene Entschädigungen in Aussicht gestellt.

Auf Antrag des Repräsentantenhauses bereitet der Internationale Gerichtshof in Den Haag außerdem eine entsprechende Anklage gegen die ehemaligen Mitglieder der Bush-Regierungen vor. Deren Punkte lauten unter anderem auf Vorbereitung eines globalen Genozids in Tateinheit mit Testunternehmen für einen globalen Völkermord, absichtliche Verbreitung von tödlichen Krankheiten und unfruchtbarer Nahrungspflanzen, Führung von illegalen Angriffskriegen, Kriegsverbrechen und die Planung und Errichtung eines repressiven Polizeistaates auf dem Boden der USA. Es wird gemunkelt, dass sich die Verteidigungsministerin persönlich auf eine entsprechende Rundreise begeben will, um die Rebellen doch noch zum Einlenken bewegen zu wollen. Ministerin Deveraux ist im Besitz aller nötigen Vollmachten.“

Ich bete dafür, dass diese Fanatiker keinen neuen Bürgerkrieg auslösen werden… ließ sie wissen. Machthunger, Rassismus, Verblendung und Arroganz waren schon immer schlechte politische Ratgeber.”

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Wir alle können angeberisch, verlogen, heuchlerisch, ängstlich, ungeduldig, engstirnig, hasserfüllt, brutal, kurzsichtig, egoistisch und rachedurstig sein – das ist zwar nicht in Ordnung, aber zutiefst menschlich. In jeder Kultur jedes Zeitalters kennt und kannte man diese Verhaltensweisen. Doch die Menschheit gibt es immer noch, obwohl ihre Mitglieder während der Jahrtausende ihrer Geschichte eher oft den Eindruck von gemeingefährlichen Irren machten. Es gibt sie noch, weil daneben auch immer wieder genug andere Menschen existierten, mit anderem Charakter, anderen Ansichten, anderen Werten, anderen Moralvorstellungen, mit großen Herzen, Mitleid, Mitgefühl, Altruismus und voller Hoffnung. Es gab und gibt nie nur ausschließlich von Pessimismus, Hass, Angst, Verbitterung und Sinnlosigkeit gepeinigte Leute. Aber seien wir doch ehrlich: Was ist mit einem Verhalten gewonnen, für das wir uns schämen müssten? Wie können wir unseren Kindern eigentlich ruhigen Gewissens in die Augen schauen und ihnen im Brustton der Überzeugung sagen, dass sie sich an uns ein Beispiel nehmen sollen? Nur, weil wir erwachsen sind und sie die unerfahrenen, unreifen Kinder? Weil wir die Weisheit mit dem Schaumlöffel gefressen haben? Nein, danke, das kann es nicht sein. Wir dürfen selbst einfach nicht so verrohen wie diejenigen, die wir verurteilen. Ungebildet zu sein ist keine Schande, beileibe nicht. Das behaupten immer nur diejenigen, die genug Macht, Geld und Einfluss besitzen, um sich eine umfassende, tiefergehende Bildung zu erkaufen. Sie brauchen Dumme. Sie lieben Dumme. Es ist eine Propaganda, die uns entzweien soll, damit man uns besser kontrollieren, beherrschen und manipulieren kann. Meine Güte, und das frecherweise auch noch, ohne dass wir daraus persönlichen Profit schlagen können! Im heutigen Zeitalter des blanken Egoismus und der Machtgier ist das schon Realsatire vom Feinsten… Bereits die antiken Römer meinten dazu: Divide et impera. Das bedeutet: Teile und herrsche. Also noch einmal: Dummheit ist nur allzu menschlich. Eine Schande ist es aber, zu wissen, dass man lernen könnte, aus eigenem Antrieb oder auch mit Hilfe anderer Menschen, jedoch nichts dagegen unternehmen will. Viele Menschen auf der Welt sind gläubig und fürchten sich davor, für echte oder vermeintliche Sünden in die Hölle zu kommen. Gleichzeitig schauen sie sich um und gewinnen den Eindruck, dass sie schon längst drin seien. Wollen wir das wirklich?“

Rede des neuen UN-Generalsekretärs Thomas Sankara

Dietmar Doering

 

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