Darstellung Schwarzer Menschen in den deutschen Medien

Let’s Talk 2016 – durch Noomi und Murdoch ins Leben gerufen – thematisierte am 16. Oktober 2016 die Darstellung Schwarzer Menschen in den deutschen Medien.

Durch Interaktivität der Podiumsgäste, des Publikums und der Moderation entstand eine lebendige Diskussionsrunde, die es wert ist sich nochmals anzusehen und den Meinungsaustausch in den Posts fortzuführen.

Wir freuen uns auf Eure Beiträge, Likes und dem Teilen dieses Films.

Euer SkatchTeam

Schwarzer Humor in Deutschland – Interview mit Marius Jung

Hintergrund

Die wachsende kulturelle Vielfalt ist einerseits eine gesellschaftliche und politische Herausforderung für Deutschland, andererseits stellt sie eine Chance dar, Menschen, die nicht Deutsch aussehen, Raum zu geben. Damit ist gemeint: Die Herausforderungen Deutscher, die nicht-deutsche Wurzeln haben, darzustellen, um das Miteinander angenehm zu gestalten. Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, das eine Gesellschaft aus Vielfalt besteht. Das in Deutschland überwiegend Menschen leben, deren Vorfahren Großteils nur aus der Türkei oder Polen stammen, gehört längst der Vergangenheit an.

Im Jahr 2015 besuchten ein Freund und ich die Show “Singen können die alle, vom Neger zum Maximalpigmentierten“ des Kabarettisten Marius Jung. Es war für mich ein erstaunliches Bild, einen schwarzen Mann auf der Bühne zu sehen, der in Deutschland Comedy macht. Abgesehen davon gibt es zwar bereits zwei oder drei Stand up-Komödianten, die dunkelhäutig sind, aber oftmals geht es dabei lediglich um die Herausforderungen, vor denen die dunkelhäutigen Menschen auf Grund mangelnder Deutschkenntnisse stehen. Marius Jung wiederum geht es darum, seinen Zuschauer humorvoll ein Bewusstsein dafür zu verschaffen, wie es sich als „maximalpigementierter” Mensch in Deutschland lebt. Und darum, wie verschiedene Arten von Menschen mittels eines Lachens zueinander kommen. Nach der Show durfte ich nach vorheriger Anfrage ein Interview mit Marius Jung führen, was sich daraus ergab, möchte ich euch gerne vorstellen.

Marius Jung und Noomi in Köln.

Sally: Hallo Marius,  ich freue mich, dass ich mit dir ein Interview führen darf,  und du dir Zeit dafür genommen hast. Ich schreibe ehrenamtlich für das Magazin Africa Positive und mir ist es wichtig zu zeigen, dass man unsere Pigmentierung nicht nur mit Negativem assoziieren  darf.

Was hat dich dazu motiviert, das Buch zu schreiben?

Marius Jung:  Nachdem ich auf der Bühne immer wieder meine Hautfarbe zum Thema gemacht habe, war es für mich ein logischer Schritt auch ein satirisches Buch zu dem Thema zu verfassen. Das Buch ist quasi eine Reise zu mir selbst. ich möchte anderen Menschen einen Einblick geben, wie ich es erlebe als Schwarzer in Deutschland  zu leben.

Noomi: Was hast du für Erfahrungen gemacht seit der Veröffentlichung deines ersten  Buches “Handbuch für Negerfreunde“?

Marius Jung: Spannende Erfahrungen durfte ich machen. Es gab verschiedene Reaktionen auf mein Buch.  Interessant fand ich, dass ich ausschließlich von Menschen  als Rassist kritisiert worden bin,  die mein Buch nicht  einmal gelesen haben. Wichtig war es mir, Menschen nicht einfach mit Kritik zu begegnen, sondern über Humor  auf den Rassismus  aufmerksam zu machen. Lachen öffnet die Menschen.

Noomi : Wie lange, glaubst du, dauert es, das dunkelhäutige Menschen in Deutschland öfters mal Rollen spielen dürfen, die nicht klischeehaft (Putzkraft, Gangster, der deutschen Sprache allgemein nicht mächtige Ausländer) besetzt sind?

Marius: Das kann ich so nicht sagen. Nur aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es auch weiterhin die gleichen Rollen sind die ich angeboten bekomme. Ich darf Musiker und Kleinkriminelle spielen. Filmschaffende und Redaktionen müssen von ihrer klischeehaften Sicht auf Rollenbesetzungen weg. Solange in Produktion behauptet wird Zuschauer fänden es unglaubwürdig einen dunkelhäutigen Arzt zu sehen, sehe ich schwarz. In meinen Programmen kann ich spielen, wen ich möchte.

Noomi: Viele Dunkelhäutige in meinen Umkreis sagen, weil ich Schwarz bin, habe ich in Deutschland keine Chance. Siehst du es auch so?

Marius: Es ist gerade in der heutigen Situation schwierig als schwarzer Mensch in Deutschland. Zwei Punkte halte ich für wichtig. Wir dürfen uns nicht in die Opferrolle drängen lassen. Und anstatt zu jammern sollten wir an  unserem Selbstwertgefühl arbeiten, damit wir uns stark fühlen.  Es lohnt sich.

Noomi: Danke, dass du dir Zeit für das Interview genommen hast.

Info zur Verfasserin: Sally N. ehrenamtliche Autorin unter anderem auch für das Magazin Africa Positive

Der Einfluss der Religion auf die westafrikanische Kultur

Mittlerweile ist es auch auf dem afrikanischen Kontinent des 21. Jahrhunderts zur Normalität geworden, ohne Trauschein schwanger zu werden.

Für den durchschnittlichen afrikanischen Bürger ist diese Lockerheit jedoch ein Tabu. Dem liegt die Tatsache zugrunde,  das viele Menschen aus Afrika  sehr streng religiös aufgewachsen sind und nach den Dogmen der Bibel  leben (müssen). Von den Erfordernissen der ursprünglichen Traditionen der verschiedenen Ethnien einmal ganz abgesehen. Darunter fällt auch, dass man als afrikanische Frau standesgemäß heiratet und  dann in der Regel Mutter wird. Frauen, die jedoch unehelich schwanger geworden sind,  haben es nicht leicht.  Was passiert, wenn man die Regel bricht?

In den meisten Fällen ist es so, dass  man als Mitglied einer Gemeinde  als Konsequenz daraus aus der jeweiligen afrikanischen Kirchengemeinde ausgeschlossen wird  – sozusagen eine lokale „Exkommunikation light“.  Hat die „Sünderin“ Glück und ihre Gemeinde einen guten Tag, muß sie während der  Gottesdienste vielleicht nur  für eine Weile in der hintersten Reihe sitzen. Gehört eine Afrikanerin nicht einmal zu einer Gemeinde,  wird sie von ihrer Community verspottet und man spricht schlecht über sie. Frauen, die hier aufgewachsen oder geboren sind, sind  sehr oft  mehr und anderen Problemen ausgesetzt als deutsche  Frauen, unter anderem auch wegen den oben genannten religiösen  Faktoren. Die  Schwierigkeit, hierzulande gleichzeitig der ursprünglichen heimatlichen sowie der deutschen Kultur gerecht werden zu müssen, ist für sich genommen schon keine leichte Aufgabe.  In der eigenen Community  mit der Ausgrenzung nach einem „Sündenfall“ zurecht zu kommen, ist noch eine ganz andere Sache. Hierbei geht es beileibe nicht nur um üble Nachrede, körperliche Gewalt als Bestrafung oder um Isolation – im Extremfall kann es sogar bedeuten, dass sich die betroffene Person das Leben nimmt.

Deshalb ist es wichtig,  dass diese Frau in ihrer ohnehin schweren Lage unterstützt wird. Wer nimmt sich das Recht, so etwas zu beurteilen?  Maßen wir uns an,  uns auf eine Stufe mit Gott zu stellen? Sagt nicht jedes Glaubenssystem, das „der Herr“ auf seine Art immer bei uns, in uns und um uns herum ist? Und wenn er sich nicht selbst beim jeweiligen „Sünder“ meldet und ihn „persönlich“ ermahnt oder bestraft – wer „zum Teufel“ sind denn dann die menschlichen Machthaber der Religionen, das sie den Gläubigen ihre eigenen menschlich-persönlichen Moralvorstellungen und Normen aufzwingen anstatt nur das zu sein, was sie laut göttlichem Willen sein sollen: Lediglich die Boten zwischen Gott und dessen Geschöpfen?   Jeder Mensch macht Fehler, niemand von uns ist unfehlbar. Als Angehörige der afrikanischen Minderheit in Deutschland  ist es für uns doppelt wichtig, das wir füreinander da sind. Wir sollten uns unterstützen anstatt uns gegenseitig zu bekämpfen und mit religiös verbrämten Fanatismus ins Unglück zu stürzen – wohlmöglich noch mit dem Spruch „Gott will es!“ auf den Lippen…

Ich fragte zu der Thematik „ungewollte Schwangerschaft“ auch eine Bekannte von mir. Ihre Antworten  einer persönlich Betroffenen mögen dem geneigten Leser einen kleinen Eindruck von dem vermitteln, was junge Afrikanerinnen in so einer prekären Situation bewegt …  :

Frage:  Wie alt warst du, als du schwanger geworden bist?
Antwort: 21 Jahre.

F.: Wie hat deine Familie darauf reagiert?
A.:  Ich wurde geschlagen.

F.: Hat dich deine Familie unterstützt?
A.:  Ja, das hat sie.

F.:  Wie hat die afrikanische Community reagiert?
A.: Schlecht über mich gesprochen.

F.:  Hast du trotz deines Kindes einen Beruf erlernt?
A.:  Ja, mit der Unterstützung der Familie habe ich zwei Ausbildungsberufe erlernt.  Einmal als Pharmazeutisch-Technische Assistentin, und im Sommer beende ich dann noch meine Ausbildung zur Krankenschwester.

F.:  Was  wünschst du dir von der afrikanischen Community?
A.:  Das sie einen nicht verpönen, wenn man unehelich schwanger geworden ist, sondern einen unterstützen.

Jede Frau wünscht sich eine stabile Partnerschaft, und auch der Wunsch zu heiraten, ist nichts Ungewöhnliches. Eine Heirat als alleinige Voraussetzung, Kinder zu bekommen, ja sogar, um Kinder bekommen zu dürfen, schreibt aber kein heiliges Buch vor. Solche Traditionen entstammen rein menschlichen Moralvorstellungen  – der Schöpfer hat damit nichts zu tun. Es steht auch jedem weiblichen Menschen als Menschenrecht frei, über sein eigenes Leben und sein Schicksal selbst zu bestimmen. Ich will einfach damit sagen, dass jeder Mensch die Konsequenzen für sein Handeln selbst tragen muss, unabhängig davon, ob diese negativ oder positiv sind.

Entscheidet sich eine Frau ohne Ehe für ein Kind, oder wird sie ungewollt schwanger, ist das innerhalb der afrikanischen Community also (leider nicht nur dort!) schnell ein echtes Problem. Ohne einen festen Partner an ihrer Seite, der zu ihr steht und der sie unterstützt, ist sie auch als Mitglied einer Kirchengemeinde gestraft genug.